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Osterbotschaft seiner Heiligkeit Kyrill, des Patriarchen von Moskau und der ganzen Rus' 2016

01.05.2016

 Osterbotschaft seiner Heiligkeit, des Patriarchen Kyrill, an die Bischöfe, Priester, Diakone, Mönche, Nonnen und alle gläubigen Kinder der Russischen Orthodoxen Kirche

 

Seht, wie groß die Liebe ist,
die der Vater uns geschenkt hat:
Wir heißen Kinder Gottes und wir sind es

(1 Joh. 3, 1)

Hochgeweihte Bischöfe, verehrte Presbyter und Diakone, gottliebende Mönche und Nonnen, liebe Brüder und Schwestern!

CHRISTUS IST AUFERSTANDEN!

Mit diesen freudigen und lebensstärkenden Worten grüße ich Euch alle herzlich, meine Lieben, und gratuliere zum großen und heilsbringenden Osterfest.

Dieser heilige Tag wird von der Kirche durch den Mund des ökumenischen Lehrers, des hl. Gregorios des Theologen das Fest der Feste und die Feier der Feiern genannt. Darin ist der tiefe geistige Sinn enthalten, denn „übersteigt die Pascha alle Feiern, nicht nur die menschliche und die irdische, sondern eben die des Christus und für Christus begangene, inwiefern die Sonne die Sterne überbietet“ (das 45. Osterwort). In der glorreichen Auferstehung des HERRN Jesus, die zum wichtigsten Ereignis der Heilsgeschichte des menschlichen Geschlechtes geworden ist, liegt der unmittelbare Sinn und das tiefste Wesen unseres Glaubens, der Kern und die mächtige Kraft der christlichen Botschaft an die Welt. All unsere Verkündigung in diesen Tagen liegt in den Worten: "Christus ist auferstanden! - Indem ich dies gesagt habe, was kann ich mehr sagen? Alles ist gesagt!", - ruft der hl. Philaret, Metropolit von Moskau (Das Wort zum Osterfest, 18. April 1826) aus.

Die Menschheitsgeschichte nach dem Sündenfall Adams ist die Geschichte eines kontinuierlichen Kampfes des Guten mit dem Übel. Indem die Menschen Ungehorsam gegenüber dem Schöpfer zum Ausdruck brachten, ließen sie in ihr Leben und in die Welt Sünde eingehen, samt ihr aber -Leiden und Krankheiten, Fäulnis und Tod. Die Sünde schied aber hauptsächlich die Menschen von Gott, der Übel nicht schuf und jeder Unwahrheit fremd bleibt.

Kein Gerechter war imstande, diese tragische Scheidung zu überwinden, diesen riesengroßen geistigen Abgrund, sofern es unmöglich war, es ausschließlich mit den menschlichen Kräften zu tun. Und deshalb, wie der hl. Gregorios der Theologe sagt, "brauchten wir den menschgewordenen und getöteten Gott, damit wir wieder lebendig werden" (Wort 45 zum heiligen Osterfest).

Mit anderen Worten, wurde die Auferstehung Christi zu jenem Durchbruch in die Ewigkeit hin, dank dem die menschliche Begrenztheit überwunden und die Sehnsucht nach der Einigung mit Gott gestillt wurde. Pascha ist eine Feier der grenzenlosen Liebe des Schöpfers an die Menschen, "Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat" (Joh. 3, 16).

Was aber bedeutet, Pascha in einer Welt zu feiern, die mit Schmerz und Leiden belastet ist, die unter Kriegen und Konflikten zusammengebrochen ist, die voll von Hass und Bosheit ist? Was heißt "Christus hat zertreten im Tode den Tod und denen in den Gräbern das Leben geschenkt", wenn Tod eine offensichtliche Vollendung unseres Lebens bleibt? Ostern schafft zweifellos das reale Vorhandensein des Todes im Weltall nicht ab, aber nun werden die menschlichen Schmerzen und Tragödien des irdischen Seins durch den Auferstandenen HERRN Jesus überwältigt, der uns -seinen Jüngern und Nachfolgern -eine unüberwindliche Hoffnung auf Erhaltung des ewigen Lebens geschenkt hat. Der Tod ist nunmehr für uns Christen kein Scheiden, sondern ein freudiges Treffen und die erhoffte Wiedervereinigung mit Gott.

Christus, der Erste der Entschlafenen (1 Kor. 15, 20), zeigte uns den einzig möglichen Überwindungsweg der Sünde und des Todes. Das ist der Weg der Liebe. Und wir sind aufgerufen, der ganzen Welt diese Liebe zu bezeugen. Und wir sind in erster Linie aufgerufen, es durch das Beispiel des eigenen Lebens zu bezeugen, denn daran werden alle erkennen, dass wir die Jünger des Erlösers sind: wenn wir einander lieben (Joh. 13, 35).

Die Liebe, die dem Wort von Apostel Paulus nach, das Band ist, das alles zusammenhält und vollkommen macht (Kol. 3, 14), ist die höchste und die größte der christlichen Tugenden. Wenn wir in die Ewigkeit übergehen, wenn uns ermöglicht wird, den Heiland selbst zu sehen, wird unser Glaube zur Kenntnis, und die Hoffnung auf Erlösung erreicht um der Gnade Gottes willen ihre Verwirklichung. Die Liebe jedoch hört niemals auf (1 Kor. 13, 8) und verändert sich niemals.

Wie schön schreibt der hl. Ignatius (Brjantschaninow), die Vollkommenheit des Christentums besteht in der vollkommenen Nächstenliebe (Die asketische Erfahrungen. Von der Nächstenliebe). Und was heißt die "vollkommene Liebe"? Das ist eine Liebe, die sich bis auf die unbekannten Menschen erstreckt, auch die Missgünstigen und sogar auf die Feinde. Das ist eine Opferliebe, die jegliches menschliche Erfassen übersteigt, da sie nicht in den Rahmen der Logik des Alltags unseres Lebens hineinpasst. Man kann sie durch eine geistige Tat erwerben, die die Gnade Gottes lockt, die uns ermöglicht, mit Liebe auf Hass zu antworten und mit dem Guten auf das Böse.

Gerade diese Liebe hat uns Christus gezeigt, der um unserer Erlösung willen die schreckliche Erniedrigungen, das Kreuzleiden und einen qualvollenTod erduldet hat. Durch seine allsiegende und alles erfüllende Liebe wurde die Hölle bis auf den Grund zerschmettert, und der ganzen Menschheit wurde endlich die Paradiespforte eröffnet. Unter allen Lebensumständen sind wir aufgerufen, uns daran zu erinnern, dass die Kräfte des Bösen in der Tat illusorisch und nicht so groß sind, denn sie reichen nicht die Kräfte der Liebe und des Guten heran, deren einzige Quelle Gott ist. Lasset uns auch daran erinnern, dass die beste Antwort und das wirksamste Widerstandsmittel gegen Sünde und Unwahrheit unser aufrichtiges und aus der Herzenstiefe ausgehendes Gebet ist, vor allem - das gemeinsame Gebet, das in der Kirche beim Gottesdienst emporgehoben wird, und am meisten - die Kommunion des Leibes und des Blutes des Heilands selbst im Mysterium der Eucharistie.

Indem wir heute die große Osterfreude erleben und mit Ehrfurcht und Erbeben den aus dem Grab auferstandenen Christus Lebensbringer betrachten, lasset uns diese heilsbringende Nachricht mit Nächsten und Fernen teilen, damit sie auch das unsagbare Leuchten der göttlichen Liebe erschauen und mit uns zusammen Deinen allverehrten und erhabenen Namen segnen und preisen, den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Möge das jegliche Verständnis übersteigende, heilsbringende Licht der Auferstehung Christi unseren Lebensweg ständig erhellen, uns beleuchten und trösten, uns zu Teilhabern und Erben des Himmelreiches machen.

Freut euch, meine Lieben, denn

CHRISTUS IST WAHRHAFT AUFERSTANDEN!

 

+Kyrill

Patriarch von Moskau und der ganzen Rus'

Moskau
Fest der Auferstehung Christi 2016